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Thomas Altmann, Leiter des Portfolio-Managements, QC Partners

 

„S&P 500: REKORDE AN ALLEN FRONTEN – UND JETZT?

 

Ein Blick ein Jahr zurück wirkt wie eine Reise in eine andere Welt. Die rasante Ausbreitung von Covid-19 hatte die Börsenwelt ins Chaos gestürzt. Das Motto lautete raus aus Risiko-Assets wie Aktien, rein in den sicheren Hafen Staatsanleihen. In der Folge verlor der US-Leitindex S&P 500 innerhalb eines Monats 35% an Wert. Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen stürzten auf ein Allzeittief von 0,31%. Gleichzeitig erreichte der VIX, der Volatilitätsindex des S&P 500, den höchsten Schlusskurs seiner Geschichte. Es war eine Zeit der Rekorde.

 

Ein Jahr später ist die Covid-19 Pandemie zwar noch immer nicht vollständig überwunden. An den Börsen hat sich das Bild jedoch komplett verändert. Von ihrem Rekordtief sind die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen um 1,44% nach oben geklettert und haben damit ihr Vor-Corona-Niveau wieder erreicht. Ängste vor steigender Inflation in den nächsten Jahren bevorstehender Zinserhöhungen durch die FED und entsprechender Kursverluste führen jetzt zu einer Flucht aus Zinspapieren. Stattdessen werden Aktien wieder in großem Stil gekauft. Binnen 12 Monaten hat der S&P 500 stolze 82% zugelegt und damit ein Allzeithoch nach dem nächsten erreicht. Genauso schnell sind jedoch auch die Bewertungen angestiegen. Mittlerweile wird der S&P 500 mit einem historischen Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von mehr als 32 gehandelt. So teuer war das KGV nie seit Beginn der Berechnung im Jahr 1954. Gleichzeitig ist der VIX auf seinen niedrigsten Stand seit Ausbruch der Pandemie gefallen. Die Stimmung am Aktienmarkt ist prima, fast schon euphorisch.

 

Kann das gutgehen?

 

Da stellt sich zwangsläufig die Frage, ob das gutgehen kann. Steigende Zinsen gelten als Gift für Aktien. Dennoch: Die Börsen preisen offensichtlich ein goldenes Zeitalter. Dass die Gewinne in Zeiten wirtschaftlicher Krisen vorübergehend einbrechen, ist absolut normal. Nach dem Platzen der Tech-Blase im Jahr 2000 verdienten die größten US-Unternehmen vorübergehend 81% weniger. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise lag der Rückgang sogar bei 86%. Da wirkt der Corona-Gewinn-Einbruch mit 33% geradezu bescheiden. Allerdings dauerte es in beiden Fällen vier Jahre, bis das ursprüngliche Gewinn-Niveau wieder erreicht war. Der S&P 500 benötigte mit sieben beziehungsweise sechs Jahren in beiden Fällen deutlich länger, um sein Allzeithoch zu erreichen beziehungsweise zu übertreffen.

 

In der aktuellen Covid-Krise hat der S&P 500 seine Vor-Krisen-Rekordmarke bereits im August letzten Jahres übertroffen. Lediglich sechs Monate zur Aufholung eines solch hohen Verlustes: Die Kurserholung war schneller als die Gewinnerholung. Es stellt sich daher die Frage: Können die Gewinne nun schnell genug aufholen, um die Kursentwicklung nachträglich zu rechtfertigen? In den 10 Jahren vor der Pandemie lag das historische KGV im Durchschnitt bei 18. Aktuell liegt das KGV auf Basis der für die Zukunft erwarteten Gewinne (Forward PE Ratio) bei 23. Um dieses KGV zu erreichen, müssten die Gewinne der S&P 500-Unternehmen in den kommenden 12 Monaten somit um 80% steigen. Damit würden sie die bisherige Gewinn-Rekordmarke um 22% übertreffen.

 

Kurse nicht rechtfertigbar

 

Und hier wird das ganze Dilemma sichtbar. Ein bloßes Einstellen der bisherigen Rekord-Gewinne reicht bei weitem nicht aus, um das aktuelle Kursniveau zu rechtfertigen. Zudem lauern zahlreiche Risiken für die ambitionierten Gewinnprognosen, etwa durch ein längeres Andauern der Covid-19 Pandemie oder in Form höherer Fremdkapitalkosten durch den Zinsanstieg. Mit den steigenden Zinsen erwächst für den US-Aktienmarkt ein zusätzliches Risiko: Aktien sind nicht mehr alternativlos. Langlaufende US-Unternehmensanleihen im unteren Investment Grade-Bereich nähern sich der Rendite-Marke von 4% p.a.

 

So könnte es am Ende zur unschönen Kombination von steigenden Gewinnen und fallenden Aktienkursen kommen. Auch wenn der VIX Entspannung signalisiert: Andere Teile der Volatilitätskurve tun das nicht. Die Skew, der Volatilitätsunterschied zwischen Optionen mit einem Basispreis am aktuellen Indexstand und Optionen mit einem deutlich niedrigeren Basispreis, ist im 3-Monats-Bereich so hoch wie seit mindestens 15 Jahren nicht mehr.“